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Bericht von Alexander Dolezalek über den Stand der Umsiedlung in der Untersteiermark[1]

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BA Koblenz, StHA des RKFDV, R 49/889, (9 S.).
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SS-Untersturmführer Alexander Dolezalek war im Jahre 1941 Leiter der Planungsabteilung im SS-Ansiedlungsstab »Südmark« in der Untersteiermark. Er gehörte dem SS-Ansiedlungsstab in PoznaÜč an und wurde in der Untersteiermark nur vorübergehend eingesetzt. Seine Mitarbeiterin in PoznaÜč und Maribor war Dr. Herta Suidicani. Die Planungsabteilung verfasste zuerst einen Vorplan, dann einen Grobplan und schliesslich den Generalsiedlungsplan. Die Skizze »Entwurf zum Generalsiedlungsplan der Grenzsiedlungszone der Untersteiermark«, die »Anlage zu dem Generalsiedlungsplan der Grenzsiedlungszone der Untersteiermark« vom 11. 1. 1942. sowie »Erläuterungen zum Besiedlungsplan des Siedlungsgebietes A in der Untersteiermark« vom 10. 5. 1942 sind auf Mf. aus NAW, T-81, R. 284, im AMNOM, DDV Untersteiermark, Planungsabteilung, Bd. 1 und im BA Koblenz, StHA des RKFDV, R 49/Anh. VII/4.
3
Siehe Dok. Nr. 248.
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Siehe Dok. Nr. 160 u. 161.
5
Am 16. 8. 1941 erliess der Chef der Zivilverwallung in der Untersteiermark eine Anordnung, worin für jegliche Beihilfe zur Volksbefreiungsbewegung, für unerlaubten Besitz von Waffen, für unerlaubtes Zurückkehren von ausgesiedelten und geflüchteten Personen, für unerlaubten Grenzübertritt sowie für die unterlassene Meldung eines willkürlichen Wegbleibens von der Arbeitsstelle schwere Strafen vorgesehen waren. (Verordnungs- und Amtsblatt des Chefs der Zivilverwaltung in der Untersteiermark, Jg. 1941, Nr. 38, 18. 8. 1941.)
6
Gottfried Bayer.
7
Deutsche Ansiedlungsgesellschaft, der die Zwischenbewirtschaftung im Ansiedlungsgebiet A in der Untersteiermark oblag.

Alexander Dolezalek[2]

Oktober 1942.

Der Stand der Umsiedlung in der Untersteiermark.

Wer nach einem dreiviertel Jahr das Ansiedlungsgebiet der Untersteiermark wiedersieht, dem fallen zunächst die erfreulichen Fortschritte der Planung auf. Wenn die ursprünglichen Termine auf diesem Gebiet nicht eingehalten werden konnten, so liegt dies nicht an einem zu langsamen Tempo der Arbeiten, sondern, daran, dass sie im Kriege schlechthin unerreichbar waren. Bis zum 6. Dezember soll nun die gesamte Planung fertig vorliegen, sodass bis zum kommenden Frühjahr die Gottscheer Umsiedler, (soweit sie in diesem Raum angesiedelt werden können) auf den neuen Stellen angesetzt sein werden. Ebenso erfreulich ist der tatkräftige Einsatz der Arbeitsstäbe, die sich auf allen Gebieten zu helfen bemühen.

Klagen hört man natürlich trotzdem allenthalben. Es ist wörtlich dasselbe wie in allen anderen Ansiedlungsgebieten: die Häuser, die unerfüllbaren Nachbarschaftswünsche...., das fehlende tote Inventar, der Zustand des Viehs..., die Verwahrlosung der Ücker und Weingärten usw. Diese Klagen sind Ausdruck der den Siedler im Anfangsstadium besonders stark bedrängenden Sorgen des Alltags. Auf sie ausführlich einzugehen, verlohnt kaum. Sie stellen keine ernstere Gefahr dar; sondern bewirken im Gegenteil eine Auslese unter den Siedlern. Im Grunde sind die Gottscheer mit dem neuen Ansiedlungsgebiet zufrieden. Sie stossen sich zwar -- mit Recht -- an vielen Zuständen und Missständen, aber sie werden sich im Laufe der Jahrzehnte in die neue Heimat hineinfinden. Ernst dagegen ist eine Krise bei den

bessarabiendeutschen Siedlern in Untersteier. Auf sie wird daher unter Ziff. 4 besonders eingegangen.

Hinter den erfreulichen und auch unerfreulichen Erlebnissen einer Fahrt durch das Ansiedlungsgebiet stehen die bleibenden grossen Probleme.

Nur von ihnen soll hier die Rede sein. Vieles wird angreifbar sein; nach einer kurzen Besichtigungsfahrt ist das unvermeidlich. Der Zweck ist aber schon dann erreicht, wenn dieser Bericht die Aufmerksamkeit auf diese Grundfragen der volkspolitischen Lage in Untersteiermark lenkt. Die Probleme liegen in der Untersteiermark grundsätzlich anders als im Osten. Viele verfehlte Urteile entstehen aus einem vorschnellen Vergleichen.

  1. Die Massnahmen und das Ziel der Umsiedlung in Untersteier sind andere: Die Umsiedlung ist nicht ein Schritt innerhalb eines jahrzentelangen Ostsiedlungszuges, sondern die einmalige eingreifende Operation, die möglichst schnell endgültige Verhältnisse schaffen soll (mit Ausnahme des Neubaus). In einem hierzu geschaffenen Leerraum soll die deutsche Bevölkerung in ihrer endgültigen Zusammensetzung und Dichte sofort sesshaft gemacht werden.
  2. Die Menschen sind anders geartet: Zum ersten Male haben wir es hier nicht mit Kolonisten zu tun, die wie die Wolhynier, Bessarabier und Dobrudschaner generationenlang gewöhnt sind, Neuland zu besiedeln, sondern mit sesshaft gewesenen Bauern, die mit bewunderungswürdiger Zähigkeit an ihrem kargen Gottscheer Boden 700 Jahre lang festgehalten hatten. Die Loslösung und Wiederverwurzelung ist deshalb besonders schwer.
  3. Der Raum ist anders. Nicht die Verbreitung des Weinbaues, das andere Klima, das gebirgige Gelände allein machen den Unterschied, aus, sondern der ungeheuer rasche Wechsel macht die Arbeit ungemein schwieriger.

Die sich daraus ergebenden grundsätzlichen Fragen sind in meinem Abschlussbericht und Generalsiedlungsplan vom 12. Jan. 42. zusammenfassend dargestellt.

Im folgenden wird nur die Fortentwicklung dargestellt und zwar anhand von drei Fragen, die inzwischen zu Kernproblemen herangereift sind:

der Slowenenfrage,
der Arbeiterfrage,
und Bodenfrage.

  1. Die Slowenenfrage

    Der Sinn der Umsiedlung war bekanntlich:

    Durch einen rein deutschen Grenzstreifen die windischsteirische Wohnbevölkerung von Untersteier gegen nationalslawische Einflüsse abzuschirmen, um in seinem Schutze die Eindeutschung (und Wiedereindeutschung) sicher durchführen zu können: Eine Aufgabe, die - wie das Beispiel dcer Lausitzer Wenden zeigt - auch unter günstigen Umständen einige Jahrhunderte dauern kann.

    Diesem Ziel zuliebe wurden die Gottscheer nicht in dem für sie viel besser geeigneten Oberkrain angesiedelt, sondern in den Sattelbach-Savestreifen, der völlig anders geartet ist als die Gottschee. (Vergl. dazu Generalsiedlungsplan--Anlage.)

    Der freigemachte Siedlungsstreifen ist - z. B. verglichen mit dem deutschen Ring, der die Lausitzer Wenden und Sorben umgibt - ausserordentlich schmal. Der Zweck, die Abschirmung, ist daher nur zu erreichen, wenn

    1. der Siedlungsraum rein deutsch ist und bleibt (abgesehen von dem notwendigen Übel des fremden Gesindes und der Wanderarbeiter). Sonst wird dieses Deutschtum von dem zähen Slowenentum ebenso untermahlen werden, wie das frühere Deutschtum in Krain, Friaul und Untersteier. Schon auf dem grösseren Bereich der Kreise Rann und Trifail bezogen sinkt das Deutschtum auf eine Minderheit von 29% herunter;
    2. muss der Grenzstreifen ringartig geschlossen sein - vor allem muss die Verbindung nach Innerslowenien ähnlich abgeschnitten sein, wie die Windischen Kärntens durch den Karawankenwall.

    Diese Voraussetzungen liegen beide leider nicht oder nicht mehr vor!

    Die Untersteiermark ist nach der völkisch gefährlichsten Seite offen. Durch den endgültigen Abschluss der Aussiedlungen aus Oberkrain hängt der eine Flüge! des Siedlungsstreifens in der Luft; aus dem nationalslowenischen Krain können alle Einflüsse über das panslawischkommunistische Zentrum des Industriegebietes Trifail-Tüffer ungehindert eindringen.

    Vor allem aber ist man nach der konsequenten Aussiedlungspolitik vorn Herbst 1941 immer wieder überrascht, von den Siedlern zu hören, dass ja nun leider in vielen - wenn nicht den meisten Dörfern die Deutschen in der Minderheit sind. In der Fremde waren die Dörfer deutsch. In Deutschland sind die Umsiedler in slowenische Dörfer gekommen. Als sich die Klagen hierüber häuften, wurde das in den Kerngebieten der Siedlung stichprobenweise nachgeprüft. Es ergab sich beispielweise:

    Allein nach der neuen Planung sind - ohne die schwarze Einwanderung (!) - amtlich vorgesehen:

    Diese völlig zufälligen und willkürlichen Beispiele geben noch ein viel zu günstiges Bild von der tatsächlichen Lage. Denn:

    1. es gibt hier nicht hervorgehobene besonders krasse Fälle wie z. B. in Niwitz (Papierfabrik), wo 118 Slowenenfamilien zwei deutschen gegen-überstehen! Es gibt aber keine rein deutschen Gebiete mehr.
    2. Die Slowenen sind kinderreicher. Die obigen Familienzahlen der Planung verdecken daher ein viel ungünstigeres Bevölkerungsverhältnis
    3. Durch schwarze Zuwanderung von Verwandten, usw. wächst die Zahl der Slowenen ständig. Weiterhin steigt die Zahl infolge des Arbeiterbedarfes. (Also nicht nur infolge künstlicher, sondern auch echter Unterwanderung).
    4. Vor allem handelt es sich hier um den sozialen und menschlichen Ausschuss des slowenischen Volkstums; die Frechsten, Unverschämtesten, die sich durch Flucht oder andere Kniffe der Aussiedlung entzogen haben.

    Wie die Pilze nach dem Regen, so tauchen sie plötzlich aus dem Moos auf. Es ist ihnen durch den Aushang vom 12. August versprochen worden, dass die Aussiedlung abgeschlossen ist.[3] Gleichzeitig änderten sie auch ihre Einstellung gegenüber den Deutschen:

    Hörte man früher oft: »Ich nicht Slowene - Steirer!«, so heisst es jetzt unverblümt: »Vater Slowene, Mutter Slowene, ich Slowene!« Wie in Olsaschlesien und Westpreussen wird sich erst dann zeigen wer deutsch ist, wenn Opfer verlangt werden und z. B. mit den Einziehungen begonnen wird. Jeden Deutschen muss es sehr bedrücken, wenn sich die slowenischen Arbeiter im Weingarten in dem dank der DAG- Betreuung die Rebstöcke nur mühsam aus dem Unkraut herauszufinden sind, laut und herausfordernd unterhalten: »Das ist die berühmte deutsche Ordnung«, »Das ist die deutsche Kultur!« usw.

    Allgemein hört man die Klage »Die anständigen Slowenen sind gegangen und das Pack ist geblieben!« - bezw. wiedergekommen!

    Nach einer sehr vorsichtigen Schätzung eines Mannes der praktischen Arbeit stehen 14 000 Deutschen heute 8000 Slowenen gegenüber. Ich möchte jedoch meinen, dass das Verhältnis mindestens 1:1 steht. Noch steht!

    Die Zahl der Slowenen setzt sich folgendermassen zusammen:

    1. Slowenen mit Spuren deutschen Blutes und jetzt neutraler oder deutscher Gesinnung, die absichtlich zurückgelassen sind,
    2. unentbehrliche Berufe, Eisenbahner und drgl.
    3. zurückgekehrte Flüchtlinge,
    4. für die Bewirtschaftung hinzugezogene Arbeiter.

    Was kann trotz des offiziellen Abschlusses der Um- und Aussiedlungen in der Slowenenfrage geschehen?

    1. In der Frage der unentbehrlichen Berufe:
      Austausch der Slowenen (Steirer) gegen deutsche Steirer, die durch wirtschaftliche Besserstellung (Haus, Feld) gewonnen und verwurzelt werden können. Das beträfe nicht nur die Eisenbahner, sondern auch z. B. die Arbeiter in den Papierfabriken.
    2. gegenüber dem Rückwandern der Slowenen schärfste Überwachung der Wanderungsbewegung durch halbjähriges Durchkämmen des Gebietes. Konsequente Durchführung der in der Kundmachung des Gauleiters und Reichsstatthalters über staatspolitische Massnahmen im Grenzgebiet vom 20. Oktober 1941 (V. u. A. Bl. Nr. 48, Seite 354)[4] angedrohten Strafmassnahmen gegen die Flüchtlinge. Eine Handhabe gäbe u. a. die Anordnung vom 16. August 1941 (V. u. A. Bl. Nr. 38, Seite 291)[5]
    3. In der Unterwanderungsfrage.

    Neben den Gottscheer Landarbeitern werden für die Weinbaugebiete Slowenen herangezogen werden müssen. Die dadurch entstehenden volkspolitischen Gefahren können jedoch sehr gemindert werden (Vergl. Ziff. 2).

  2. Die Arbeiterfrage.

    Der Grenzstreifen wird nicht mehr von rund 60 000 Slowenen, sondern nur von rund 14 000 Deutschen besiedelt. Es war daher unschwer vorauszusagen, dass bald ein fühlbarer Arbeitermangel eintreten musste (obwohl das Gebiet früher unter einer Überbesiedelung litt).

    Tatsächlich wird heute in allen Dörfern über Arbeitermangel Klage geführt. Gerade die wohlhabenderen Siedler leiden sehr darunter, dass sie mit ihren zwei Händen allein der Unsumme an Arbeit (nach der Verwahrlosung der Ücker durch die Zwischenbewirtschaftung) hilflos gegenüberstehen und der weiteren Verwahrlosung zusehen müssen.

    Die Frage ist brennend geworden und zu einer ernsten Gefahr für die weitere Wirtschaftsführung und Deutscherhaltung des Gebietes geworden.

    Wo und wie können die nötigen Arbeitskräfte gewonnen werden? Das Altreich und die Ostmark schalten aus.

    Kriegsgefangene kommen in diesem Grenzgebiet nicht oder nur mit besonderen Beschränkungen in Frage.

    Grenzgänger und ausländische Arbeiter sind aus volkspolitischen Gründen nicht tragbar.

    Es bleibt also nur der eine Weg, die Kräfte aus den eigenen Reserven des untersteirischen Raumes zu ziehen.

    Tatsächlich ist eine grosse Reserve ungenutzt oder nicht voll ausgenutzter Arbeitskräfte vorhanden: Ein Grundübel der Untersteiermark ist die Überbevölkerung. Alle Berufe sind überbesetzt, das Kleinhandwerkertum noch mehr als das Zwergbauerntum.

    In dem in dieser Beziehung ähnlichen Generalgouvernement und dem östlichen Warthegau ist man schon länger dabei, diesen verborgenen Schatz zu heben. Es liegen hier auch schon gute Erfahrungen vor.

    In Untersteier wären in dieser Richtung zwei Massnahmen möglich:

    1. als vorübergehende Massnahme:
      Die nicht voll ausgenützten Arbeitskräfte in den Randgemeinden Sdole, Pischätz, Sromle, Drachenburg, Videm, werden gemeinsam mit den arbeitsfähigen Familienangehörigen auf Kriegsdauer verpflichtet, in den südlich angrenzenden Siedlungsgemeinden zusätzlich zu arbeiten. (Der grösste Arbeitermangel besteht nämlich gerade in diesen angrenzenden Gebieten, da Weinbau). Im übrigen bleibt alles beim alten. Von Vorteil wäre es, dass in diesem Zeitpunkt nicht wieder schärfere Massnahmen, die die slowenische Heimatverbundenheit berühren, ergriffen werden müssen. Nachteilig wäre dagegen, dass die Slowenen nicht nur sehr widerwillig arbeiten, sondern auch immer wieder vorschützen werden, auf der eigenen Stelle zu viel arbeiten zu müssen. Seine eigene Arbeit wird er noch mehr in die Länge ziehen, als er es schon bisher aus angeborener Faulheit tut. Seine Arbeitskraft wird nicht völlig frei, wie bei dem folgenden konsequenteren Vorgehen.
    2. als dauerhafte Massnahme:

      Fortsetzung der Flurbereinigung mit dem jetzt vorhandenen Apparat im nördlich angrenzenden nicht ausgesiedelten Gebiet bis an die Kreisgrenzen von Rann und Trifail. Zusammenlegung der nicht lebensfähigen Zwergbetriebe. Enteignung des überzähligen Besitzes. Belassung von Haus und Garten. Entschädigung in Geld und vor allem Sicherstellung durch eine grosszügigltersversorgung.

      Bei dieser Massnahme werden nicht nur Slowenen benachteiligt, sondern auch Slowenen bessergestellt. Es ist ein »homeopathisches« Verfahren, dass keine grosse Welle des Nationalismus entfachen wird, da es sich nicht gegen die Slowenen einseitig richtet.

    Überall dort, wo es nur irgend möglich ist, bleiben die Familien in ihren alten Häusern, ziehen also nicht in das Siedlungsgebiet herüber. Die völkischen Gefahren entstehen nämlich nicht so sehr durch fremdes Gesinde und fremde Arbeiter, sondern durch das Zusammenspielen der Kinder und den ständigen Umgang in der Freizeit. Weniger durch die Schule wird slowenisiert bezw. germanisiert, als vielmehr durch den Schulhof. Im Siedlungsgebiet können leerstehende Häuser als Arbeiterhäuser, als vorübergehende Wohnung für Arbeiter und tatsächlich mitarbeitende Angehörige bereitgestellt werden. Wohnsitz bleibt ausserhalb des Gebietes. Die rechtlichen Grundlagen für ein solches Vorgehen müssen in diesem Grenzgebiet allerdings erst geschaffen werden. Vielleicht könnten dann bei diesem Zusammenlegungsverfahren Erfahrungen für spätere Massnahmen in den Freiteilungsgebieten des Altreichs gesammelt werden. Nur durch derartig einschneidende Massnahmen, die nur als notwendiges Übel aufzufassen sind, ist es m. E. möglich, des Arbeitsproblemes Herr zu werden, ohne deswegen die volkspolitischen Ziele der gesamten Umsiedlung aufzugeben.

  3. Die Bodennot.

    Bereits an Tage nach der Aufnahme meiner Arbeit in Marburg wies ich darauf hin, dass der vorgeschriebene Ansiedlungsraum nicht nur in seiner Zusammensetzung ungeeignet, sondern in den Ausmassen auch zu klein ist. Dieses Problem ist nicht nur damals brennend gewesen, sondern ist es heute erst recht. Nachdem damals an den Abgrenzungen des Siedlungsgebietes schon nichts mehr zu ändern war, schlug ich als Not-Ausweg vor:

    1. die Reservatflächen, Gauselbstverwaltungsbetriebe u. dergl. weitgehendst zu beschränken,
    2. die geschlossenen Siedlungsgebiete des oberen Savestreifens, nämlich Mariatal, Johannistal und Scharfenberg, durch freiwillige Siedler aus der Gottschee zu besetzen,
    3. den Besitz der zurückgebliebenen Slowenen mit Ausnahme der tatsächlich Volksdeutschen mitzuerfassen,
    4. den Kroatenbesitz im Sotlastreifen möglichst schnell freizumachen,
    5. Die Abmeierungen der Volksgruppenführung anzuerkennen.

    Diese Möglichkeiten sind jetzt nicht mehr vorhanden. Erhebliche Flächen sind für Gauselbstverwaltungsbetriebe und als Reservatflächen aus der ohnehin knappen Fläche herausgeschnitten. Der obere Savestreifen ist ausgeschieden. Die Zahl der Siedler ist aber durch Anlegen eines milderen Masstabes bei den Abmeierungen um 20% gewachsen. Es wird also damit gerechnet werden müssen, dass einige hundert Familien übrig bleiben. Auch für die rückkehrwilligen Amerika-Gottscheer ist kein Raum. Die Reservatflächen liegen meist zu verstreut, dass sie sich oft nicht zu neuen Höfen zusammenlegen lassen. Der obere Savestreifen ist für andere Siedler vorgesehen. Auch auf den beschlagnahmten Betrieben der übrigen Untersteiermark könnten nur wenige angesetzt werden, da diese Flächen zu zersplittert sind.

    Es wird sich daher jetzt eine Vivisektion der Volksgruppe nicht mehr vermeiden lassen, die für die Volksgruppe sehr schmerzlich sein wird, und auch aus anderen Gründen sehr bedauerlich ist, zumal sie nicht nötig gewesen wäre.

    Immerhin ist die übrigbleibende Gruppe gross genug, um einen geschlossenen Block zu bilden. Als Ansiedlungsgebiet käme aus landwirtschaftlichen und landschaftlichen Gründen in erster Linie das Beskidenvorland um Neu-Sandetz in Frage. (Die Siedlungsform und der allgemeine Kulturzustand entspricht natürlich wie der gesamte Osten nicht der alten Heimat.) Es würde ausserdem die dortige sehr geschwächte deutsche Volksinsel gestärkt werden und auf diese Weise eine geschlossene Dorfgruppe entstehen. Da im steirischen Ansiedlungsgebiet weder für die nachwachsenden Söhne, noch für die aus Amerika zurückkehrenden Gottscheer Raum ist, würde hier ein erster Ansatzpunkt für eine im Zuge der nächsten Jahrzehnte fortzuführende Ostsiedlung von Gottscheern entstehen.

    Diese Ostsiedlung von Gottscheern wirft eine ganze Reihe von Problemen auf, die hier leider nicht eingegangen werden kann, weil damit der Rahmen des Berichtes gesprengt würde.

  4. Bessarabien- und Dobrudscha-Ansiedlung.

    Es liess sich leicht voraussehen, dann die Bessarabienansiedlung in der Untersteiermark besondere Schwierigkeiten mit sich bringen würde. (Vergl. Generalsiedlungsplan-Anlage). Die allgemeinen Gründe sollen hier ohne Begründung noch einmal aufgezählt werden. Die ungewohnte gebirgige Landschaft, die Streusiedlungsform der Slowenen, die viel schlechteren Häuser, die völlig andere Wirtschaftsweise, der Mangel an Ackerland, die schwerere körperliche Arbeit, das Abgeschnittensein von den anderen Bessarabiern und das Heimweh. (Vergl. dazu Anlage zum Generalsiedlungsplan).

    Die schwere Krise, die unter den Bessarabiendeutschen festgestellt werden musste, hat aber noch andere Gründe, die sich leichter überwinden lassen als diese Umstellungsschwierigkeiten:

    Es sind dies namentlich:

    1. die verfehlte Planung, die in diesem Gebiet Wisell noch vom bisherigen Bodenamtsleiter, Pg. Bauer,[6] gemacht wurde. Sie bedarf dringend einer Revision an Haupt und Gliedern. Dadurch dass der Weinbauschule und ausserdem noch dem umfangreichen Gauselbstverwaltungsbetrieb die besten Ücker, Wiesen und Weinhänge zugeteilt worden sind, ist die bisher geschlossene Kolonistengruppe aus dem Kerndorf Wisell verdrängt und sinnlos zerstreut. Die Felder liegen nicht selten 4 km vom Hof entfernt. Die Wut der Siedler richtet sich mit Grund gegen diese Planung, zumal sie sehen, dass in den Gottscheer Gebieten sehr vernünftig geplant wurde. Wenn die Bessarabier nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit in den Osten abwandern sollen, muss zuerst die Planung als das Grundübel von Grund auf geändert werden.
    2. Es sind weiterhin aus folgenden Gründen unbillige Härten aufgetreten:
      Ein Teil der Siedler und zwar nicht der besten, haben das Glück gehabt, dass die ihnen zugeteilten Gärten von der DAG[7] ordnungsgemäss gespritzt wurden. Sie haben aus den Erträgen dieser Gärten dadurch einen verhältnismässig hohen Ertrag, während die ehemaligen Grossbauern in den unteren Gebieten angesiedelt wurden und nur aus den Obst einige Einnahmen haben, im übrigen aber ausschliesslich vom mitgebrachten Kapital zu leben gezwungen sind. Die Unterschiede sind zu krass und zu ungerecht, als dass man die Dinge auf sich beruhen lassen könnte. Hier muss ein Ausgleich geschaffen werden, damit nicht die Zufälligkeiten des Einsatzes dem einen einen mühelosen Gewinn zufallen lassen und den anderen dazu verdammen, zu der erheblichen Mehrarbeit auch noch alle Unkosten selbst zu übernehmen. Im Osten ist ein solcher Ausgleich regelmässig vorgenommen worden, wenn er zu unbilligen Härten geführt hat.
    3. Alle Bessarabier glauben sich in diesem gebirgigen Gelände niemals einleben zu können und sehnen sich in den Osten oder die Ukraine. Von den 60 Familien haben sich daher 18 geweigert, Höfe anzunehmen. Andere haben nur mit innerem Vorbehalt, »anstandshalber« angenommen. Wenn es aber dann passiert, dass ein - sogar zwei - Bauern, die eigentlich abgemeiert werden sollten, einfach losfahren und dann in anderen Gauen auch noch besonders gute Höfe zugewiesen erhalten, dann muss dies natürlich grosse Beunruhigung hervorrufen. »Frechheit siegt über die Gerechtigkeit« sagt man. Vor allem reizen solche Beispiele zum Nachahmen. Diese Fälle dürfen sich nicht nur nicht wiederholen, sondern müssen auch rückgängig gemacht werden.
    4. Während die Bessarabien-Ansiedlung schon im Rollen ist, schwebt die Dobrudscha-Ansiedlung noch fast ganz. Zwar sind auch schon einige Familien aus dieser Gruppen angesetzt. Doch ist der Grossteil der Siedler noch immer im Lager und kann auch aller Voraussicht nach nicht mehr angesiedelt werden da der Raum fehlt. Auch hier muss sofort Klarheit geschaffen werden, damit diese leider schon sehr stiefmütterlich behandelten Dobrudschaner nicht abermals zu kurz kommen, Die Ostgaue, bezw. das Generalgouvernement, müssen aber sofort wissen, ob, wenn und wieviel sie von diesen Ansiedlern übernehmen müssen. Andererseits werden sie sich auch mit Recht dagegen wehren, den bei der Aussiebung übrig gebliebenen Rest zu übernehmen. Die Schwierigkeiten bei der Dobrudschaner Ansiedlung in Untersteier -werden jedenfalls noch grösser sein als die der Bessarabien-Ansiedlung, weil der Weinbau bei ihnen eine geringere Rolle gespielt hat.
    5. Schliesslich sei die Anregung gegeben, ähnlich wie in Oberschlesien besondere Abbruchtrupps aus Kriegsgefangenen o. ä. einzusetzen, die die nicht verwendbaren Gebäude abreissen und das Material, getrennt nach Brennmaterial, Baumaterial und Schutt, aufstapeln. Schon jetzt ziehen sich an allen Strassen die Häuserruinen entlang, die immer mehr dem Verfall entgegengehen. Es wird nicht nur das Dorfbild verschandelt, sondern es geht auch viel brauchbares Baumaterial verloren.

gez. Dolezalek

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BA Koblenz, StHA des RKFDV, R 49/889, (9 S.).
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SS-Untersturmführer Alexander Dolezalek war im Jahre 1941 Leiter der Planungsabteilung im SS-Ansiedlungsstab »Südmark« in der Untersteiermark. Er gehörte dem SS-Ansiedlungsstab in PoznaÜč an und wurde in der Untersteiermark nur vorübergehend eingesetzt. Seine Mitarbeiterin in PoznaÜč und Maribor war Dr. Herta Suidicani. Die Planungsabteilung verfasste zuerst einen Vorplan, dann einen Grobplan und schliesslich den Generalsiedlungsplan. Die Skizze »Entwurf zum Generalsiedlungsplan der Grenzsiedlungszone der Untersteiermark«, die »Anlage zu dem Generalsiedlungsplan der Grenzsiedlungszone der Untersteiermark« vom 11. 1. 1942. sowie »Erläuterungen zum Besiedlungsplan des Siedlungsgebietes A in der Untersteiermark« vom 10. 5. 1942 sind auf Mf. aus NAW, T-81, R. 284, im AMNOM, DDV Untersteiermark, Planungsabteilung, Bd. 1 und im BA Koblenz, StHA des RKFDV, R 49/Anh. VII/4.
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Siehe Dok. Nr. 248.
4
Siehe Dok. Nr. 160 u. 161.
5
Am 16. 8. 1941 erliess der Chef der Zivilverwallung in der Untersteiermark eine Anordnung, worin für jegliche Beihilfe zur Volksbefreiungsbewegung, für unerlaubten Besitz von Waffen, für unerlaubtes Zurückkehren von ausgesiedelten und geflüchteten Personen, für unerlaubten Grenzübertritt sowie für die unterlassene Meldung eines willkürlichen Wegbleibens von der Arbeitsstelle schwere Strafen vorgesehen waren. (Verordnungs- und Amtsblatt des Chefs der Zivilverwaltung in der Untersteiermark, Jg. 1941, Nr. 38, 18. 8. 1941.)
6
Gottfried Bayer.
7
Deutsche Ansiedlungsgesellschaft, der die Zwischenbewirtschaftung im Ansiedlungsgebiet A in der Untersteiermark oblag.

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