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Bericht von Hans Baron und Franz Tscheligi über die Lage in der Untersteiermark[1]

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PAM, Abschrift, (10 S.). Der Bericht wurde vom ehemaligen Gebietsführer des Schwäbischdeutschen Kulturbundes für die Draubannschaft (Dravska banovina) in Maribor Hans Baron und dem Industriellen Franz Tscheligi verfasst und am 1. Mai 1942 an die Parteikanzlei gesandt.
2
Diese Feststellungen sind teilweise sehr übertrieben, um den Gegensatz zwischen dem Beginn der deutschen Okkupation und der Lage nach einem Jahr der deutschen Zivilverwaltung zu unterstreichen. Die Behauptung von Freude gilt wohl, im allgemeinen nur für den deutschgesinnten Teil der Bevölkerung. Siehe Dok. Nr. 10 - 12.
3
Siehe Dok. Nr. 16 u. 17.
4
In vielen Fällen wurden Mitglieder des Schwäbischdeutschen Kulturbundes zur politischen Beurteilung der Bevölkerung zugezogen. Siehe Dok. Nr. 26, 28, 38 u. 83.
5
Siehe Dok. Nr. 13 u. 23.
6
Siehe Dok. Nr. 24 u. 52.
7
Gemeint sind vor allem jene Volksdeutschen in der Untersteiermark, die dem nationalsozialistisch orientierten Schwäbischdeutschen Kulturbund angehörten.
8
In der Stabsbesprechung der Zivilverwaltung in der Untersteiermark am 1. Juni 1942 berichtete der Bundesführer des Steirischen Heimatbundes Franz Steindl: »Die politische Stimmung ist seit April 1941 unzweifelhaft abgesunken. Das geht darauf zurück, dass die Begeisterung an und für sich keine Dauererseheinung ist und dass die Leute vielfach eine übertriebene Idealvorstellung vom Bild des Reiches gehabt haben. Die durch den Krieg notwendig gewordenen Einschränkungen auf vielen Lebensgebieten haben naturgemäss auch dazu beigetragen. Im Allgemeinen ist der Stimmungsabfall aber darauf zurückzuführen, dass den Leuten ein neuer Lebensstil aufgezwungen wird, und die vielfach liebgewordenen Gewohnheiten und Unsitten aufgegeben werden müssen. Es lässt sich schwer die Stimmung zahlenmässig feststellen. Um aber einigermassen ein zahlenmässiges Bild zu entwerten, könnte vielleicht gesagt werden, dass von der untersteirischen Bevölkerung etwa ein Prozent bereit und entschlossen ist, durch Dick und Dünn bis ans Ende mit dem Reich zu gehen, vielleicht 9 % sind unbedingt zuverlässig, jedoch nicht entschlossen auch die äussersten Konsequenzen auf sich zu nehmen. Auf der Gegenseite dürfte das Verhältnis kaum anders sein. Es sind vielleicht auch nur 1 % bereit, mit dem Gegnern unter allen Umständen bis zu Ende mitzugehen, 9 % würden von der letzten Konsequenz zurückschrecken. Die dazwischenliegenden 80 % bilden die breite Masse, die zu gewinnen unsere Aufgabe ist. Es kommt nicht darauf an, ob jemand bereit ist, die Rückvolkung mitzumachen, denn er kann sich ja diesem Prozess nicht entziehen. Im Allgemeinen kann auch nicht gesagt werden, dass die untersteirische Bevölkerung aktiv und aus eigenen Antrieb die Banden unterstützt, es ist nur auf Terrormassnahmen zurückzuführen, wenn sich Einzelne dem Bandeneinfluss nicht entziehen können. In den letzten Monaten war die Arbeit des Heimatbundes in dieser Richtung ausgesprochen defensiv. Im Zusammenhang mit den Erfolgen im Osten ist eine Erleichterung der politischen Spannung zu erkennen.« (AMNOM, DDV Untersteiermark, Rechtsabteilung, Bd. 1.)
9
Siehe Dok. Nr. 28, 29 u. 31.
10
Siehe Dok. Nr. 127.
11
Siehe Dok. Nr. 157 u. 160.
12
Über die Lage, die im Winter 1941--1942 im Save-Sotla-Streifen herrschte, siehe den Bericht des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD in der Untersteiermark SS-Standartenführer Otto Lurker vom 17. 2. 1942 im AMNOM, DDV Untersteiermark, Stabsführer, Bd. 1. Siehe auch die Berichte des deutschen Gesandten in Zagreb Siegfried Kasche vom 7. u. 13. 1. 1942 im PA AA Bonn, Deutsche Gesandtschaft Zagreb, Pol 2, Nr. 3 -Umsiedlung von Serben-, und den Bericht des Stabsführers der Dienststelle des Beauftragten des RKFDV in der Untersteiermark vom 28. 1. 1942 im AMNOM, DDV Untersteiermark, Stabsführer, Bd. 1.
13
Die Zahl der Flüchtlinge ist wohl übertrieben. Viele Leute flüchteten in das Gebiet unter der italienischen Okkupation (Laibacher Provinz), wo am 31. 1. 1942 nach Angaben der italienischen Behörden 17.734 Flüchtlinge aus dem deutschen Okkupationsgebiet wohnten. Annähernd ähnliche Zahlen wurden auch von einigen deutschen Dienststellen angegeben.
14
Siehe Dok. Nr. 163.
15
Siehe Dok. Nr. 272, 301, 304 u. 307.
16
Siehe Dok. Nr. 110.

DIE LAGE IN DER UNTERSTEIERMARK.

Man konnte in der Untersteiermark drei Gruppen von Menschen unterscheiden:

  1. die kleine Gruppe der Deutschen, ungefähr 20.000 Seelen,
  2. das Gros der Bevölkerung, ungefähr 80 vom Hundert, zum grössten Teil sehr deutschfreundliche, zumindest aber deutsch beeinflusste und im deutschen Kulturkreis erzogene Slowenen,
  3. die dünne Schicht der aktiven slawischen Nationalisten oder Kommunisten, wobei es schwer ist eine Grenze zwischen beiden zu ziehen, da in den letzten Jahren der Panslawismus mit dem Kommunismus zusammengewachsen war.

Die untersteirischen Slowenen sind in ihrer blutmässigen Zusammensetzung, zum Teil sogar in ihren Sitten und Bräuchen den übrigen Alpenländlern gleichzustellen. Aus diesem Grunde ist es erklärlich, dass mit der Machtergreifung im Reich der Nationalsozialismus von der untersteirischen Bevölkerung trotz der feindlichen Propaganda mit grosser Symphathie aufgenommen wurde. Wenn man im Jahre 1939 oder 1940 unter Ausschaltung jeder Gewalt eine Volksabstimmung im Lande gemacht hätte, wären 70 bis 80 vom Hundert der Stimmen für den Anschluss an Deutschland gewesen.

Die Bevölkerung war von je her gegen einen Krieg mit Deutschland. Als es dann am 6. April 1941 doch zum Kriege kam, zeigten sich gleich zu Beginn Verfallserscheinungen in den slowenischen Einheiten des jugoslawischen Heeres, wie sie im ersten Weltkrieg kaum nach vier Jahren an der Front und in der Heimat vorhanden waren.

Der Aufruf des deutschen Armeekommandos, wonach die deutsche Wehrmacht den Krieg nicht gegen das slowenische oder kroatische Volk führe, und diese daher zur Waffenstreckung aufforderte, hat befreiend gewirkt. Kein jugoslawischer Befehl wurde so prompt befolgt, wie die deutsche Aufforderung zur Waffenstreckung. Wo die Slowenen nicht direkt unter serbischen Terror standen, verliessen sie die befestigten Stellungen, legten die Waffen nieder und gingen nach Hause. Als die deutsche Wehrmacht in die Untersteiermark einrückte, wurde sie überall mit Freude begrüsst und in der Bevölkerung herrschte Jubel. Man war überzeugt, dass nun Not und Rechtlosigkeit ein Ende haben würden. Seit jeher achtete die slowenische Bevölkerung alles Deutsche und hatte im korrupten Jugoslawien nur die eine Hoffnung, einmal wieder Deutschland anzugehören, wo Ordnung, Gerechtigkeit, Disziplin und Sauberkeit herrschen.[2]

Darüber, dass die Fremden, die nach dem Umsturz 1918 ins Land gekommen waren, die im Dienste der Westmächte stehenden Intelligenzler, die stets gegen alles Deutsche hetzten, aus dem Lande entfernt werden würden, war sich jeder in der Untersteiermark im Klaren. Viele dieser Hetzer waren politische Fanatiker, die von Kindheit an im Deutschenhass erzogen wurden und von der Welt nur das wussten, was ihnen ihre eigenen Zeitungen vorsetzten. Sie waren die willfährigen Werkzeuge der französischenglischen Propaganda gegen Deutschland und gegen den Nationalsozialismus. Abgesehen von diesem anerzogenen blinden Deutschenhass waren sie mitunter anständige, charaktervolle Menschen, die nur das Ideal ihres Grosslawischen Reiches sahen. Diese rechneten damit, dass sie im Falle des deutschen Sieges das Land verlassen müssten, genau so wie auch jeder Deutsche im Lande im umgekehrten Falle damit zu rechnen gehabt hätte.

Nach der Militärverwaltung kam die Zivilverwaltung.[3] Es setzte sofort eine Verhaftungswelle ein. Da wurden die ersten Fehler begangen. Die Leute wurden nach fertigen Listen verhaftet, ohne dass man sich mit den einheimischen Deutschen darüber ausgesprochen hätte.[4] Es wurden viele verhaftet, die sich während der jugoslawischen Zeit immer anständig und korrekt verhielten, ja sogar Anhänger der nationalsozialistischen Idee waren, während viele, die jahrausjahrein gegen das Deutschtum hetzten, unbehelligt blieben. Man redete sich da auf den Krieg aus und behauptete keine Zeit zu haben, um jeden Fall genau zu prüfen. Die Art und Weise, wie die Verhafteten behandelt wurden, wurde vom Volk missbilligt. Die Bevölkerung hat da Methoden kennen gelernt, die sie von Deutschen niemals erwartet hätte und die sich die Serben kaum erlaubt hätten.

Nach diesen Verhaftungen setzten die Aussiedlungswellen ein.[5] Zuerst wurden alle führenden Politiker und slawische Intelligenzler ausgesiedelt. Die Art, wie diese Aussiedlung vonstatten ging, erregte zuerst Erstaunen und später tiefen Unwillen. Die Bevölkerung sagte sich: Wenn diese Leute schon wirklich ausser Land müssen, so sehen wir nicht ein, warum sie ohne alle Mittel und nur mit einem Handkoffer an die Gren ze gestellt werden. Man darf nicht vergessen, dass die slowenische Intelligenz aus dem Bauernstand hervorgeht und in diesem Kreise überall Verwandte hat, die zwar politisch anders orientiert waren, in den Ausgewiesenen jedoch anständige Menschen sahen. Man konnte nicht verstehen, warum der Sieger so kleinlich und brutal gegen den hilflosen, besiegten ehemaligen Gegner vorging. Dass sich bei diesen Aussiedlungen Dinge zugetragen haben, die in der deutschen Propaganda den Engländern in den Kolonien und den Russen zur Last gelegt wurden, konnte die Bevölkerung schon gar nicht begreifen. Die Wohnungen der Ausgesiedelten wurden ausgeraubt, der Schmuck wurde den Leuten abgenommen, alles, was irgendwie einen Wert darstellte, verschwand spurlos. Die Bevölkerung musste es erleben, dass die Exekutivorgane den Raub noch während der Amtshandlung unter sich aufteilten. Man fragte sich, ob es das grosse Deutschland notwendig habe, die alten Kleider und Wäschestücke der Ausgesiedelten zurückzubehalten und wenn dies schon geschehe, warum werden diese Sachen nicht entweder an die Wehrmacht oder an die mittellose Bevölkerung verteilt. Diese Aussiedlungen raubten der Bevölkerung den Glauben an das deutsche Volk, den sie von jeher hatte. Es war keine Stelle da, die irgendeine Beschwerde entgegen genommen hätte, niemand, der gegen diese Auswüchse eingeschritten wäre und dem offenen Raub Einhalt geboten hätte. Die Bevölkerung, die früher im guten Glauben an Deutschland die jugoslawischen Waffen wegwarf, sah plötzlich Vertreter des deutschen Volkes vor sich, die sie früher in dieser Art weder kannte, noch sich je von einer Feindpropaganda hätte einreden lassen.

Gleichzeitig wurde der Verwaltungsapparat eingerichtet. Anstatt dass man sich der Not und Unordnung, wie sie der Krieg mit sich bringt, angenommen hätte, war man nur darauf bedacht, ungeheuer viel Aemter einzurichten und einen immens grossen Beamtenapparat einzusetzen. Diese Beamten wieder sahen ihre Aufgabe nicht etwa darin, die Arbeit im beschleunigten Tempo anzugehen, sie waren vielmehr nur darauf aus, für sich und ihre Angehörigen zu hamstern. Diese Hamsterei erstreckte sieh jedoch nicht nur auf die notwendigsten Bedarfsartikel, sondern umfasste alles, was zu haben war und wurde in solchem Ausmass betrieben, dass man darin mit Recht einen Schleich und Kettenhandel erblicken konnte. Die Ware wurde sofort mit den Einsatzautomobilen und den beschlagnahmten Wagen in die Altsteiermark geführt. Heute ist es natürlich kaum mehr möglich den Beweis dafür zu erbringen. Wie man dann später hören konnte, wurden in Graz und anderen grösseren Orten der Steiermark Waren aus der Untersteiermark engros zu Wucherpreisen weiterverkauft. Unsere Läden waren in kürzester Zeit leer.

Auch der Steirische Heimatbund, der im Lande die Partei ersetzen sollte,[6] sah in erster Linie seine Aufgabe darin, recht viele Räume, womöglich für jeden Angestellten ein eigenes Zimmer, darunter sehr viel Privatwohnungen und Häuser für Aemter zu beschlagnahmen, einen unglaublich grossen Beamtenapparat aufzuziehen und alles luxuriös auszustatten. Die Bevölkerung musste das mitansehen, obwohl sie früher überzeugt war, dass im dritten Reiche besonders während des Krieges Sparsamkeit oberster Grundsatz der Verwaltung sei. Auch konnte sie nicht verstehen, dass trotz des Krieges so viele junge, kräftige Leute im Lande eingesetzt wurden, die nur selbstsüchtigen Zwecken nachgingen und von der Arbeit, die so notwendig gewesen wäre, nichts wissen wollten.

Als mit der Arbeit sowohl der Zivilverwaltung, wie auch des Heimatbundes begonnen wurde, hielten sich alle diese Leute für unfehlbar und allwissend und sahen sich nicht im mindesten veranlasst, sich an den Realitäten zu orientieren, die Lage zu studieren, oder zumindest die einheimischen Deutschen, die durch Generationen im Lande lebten, die Verhältnisse kannten, sie sogar bis zur Befreiung meisterten, anzuhören. Man arbeitete eigensinnig und stur nach den mitgebrachten Plänen, ohne der Wirklichkeit und den Bedürfnissen des Landes Rechnung zu tragen. Man setzte sich über alle Warnungen und Einsprüche der Einheimischen hinweg und meinte, dass die Verfügungen des Einsatzstabes deshalb nicht verstanden würden, weil sie zu hoch seien und sich erst später in der Geschichte auswirken würden. Die Bevölkerung gab sich Mühe, sich damit abzufinden, konnte aber trotzdem nicht einsehen, warum mit Methoden gearbeitet wird, die dem deutschen Geist und dem Nationalsozialismus schon gar nicht entsprechen. Die Öffentlichkeit glaubte, allmählich zur Ueberzeugung kommen zu müssen, dass die staatlichen und politischen Beamten eher entweder rein kapitalistische oder bolschewistische Anschauungen an den Tag legten. Von Nationalsozialismus, den die eingeborene Bevölkerung wie eine Religion die ganzen Jahre her hochhielt,[7] merkte man diesen Leuten nichts an. Das Aergste war jedoch, dass überall Eigennutz vor Gemeinnutz ging. Bald musste es die Bevölkerung erleben, dass auch die Korruption ihre Blüten trieb. Ohne »Verbindungen« war für das einfache Volk nichts zu erreichen. Man verschanzte sich immer hinter hochtrabende Reden, versprach das Blaue vom Himmel, hielt aber nichts. Heute glaub kein Mensch mehr einem Versprechen.[8]

Die zweite Aussiedlungswelle sollte alle Zugereisten und rassisch Minderwertigen erfassen.[9] Konnte man bei der ersten Aussiedlungswelle noch die Entschuldigung geltend machen, dass man es mit politischen Gegnern und Hetzern zu tun habe, so waren bei diesen zweiten die Methoden nicht im Mindesten gerechtfertigt. Auch diese Welle erfasste Leute, die Slowenen waren, oft aber mit der Politik überhaupt nichts zu tun hatten. Als rassisch minderwertig wurden sie bei der Aufnahmekommission in den Steirischen Heimatbund befunden, in der jeweils ein Rassenprüfer sass. Viele dieser Rassenprüfer waren junge Leute, die in einem Schnellsiederkurs etwas über Rassenkunde hörten, von einer solchen aber keine Ahnung hatten. Täglich wurden von diesen Kommissionen 600--1000 Personen überprüft.[10] Auf Grund dieser Beurteilung wurden die Leute ausgesiedelt. Man holte sie genau so bei Nacht und Nebel aus ihren Wohnungen, liess ihnen nur ein kleines Handgepäck und 10.-RM in Barem, zog sie in Lagern zusammen und schob sie dann mit Zügen ab. Unter diesen sogenannten »Rassisch Minderwertigen« befanden sieh sehr viele ausgesprochen deutschfreundliche, die während der ganzen jugoslawischen Zeit im Interesse Deutschlands arbeiteten und mit Sehnsucht den Tag der Befreiung erwarteten. Die Aussiedlungen wurden unter Ausserachtlassung aller menschlieben Gefühle und der primitivsten Menschenrechte durchgeführt. Schwangere Frauen, Kranke, kinderreiche Familien mit Säuglingen wurden in der Nacht ausgehoben und mehr oder weniger mittellos über die Grenze nach Kroatien und Serbien gestellt. Dort überliess man sie ihrem Schicksal.

Die letzte Aussiedlungswelle galt dem Grenzstreifen an der Save und Sotla,[11] wo man die Leute ohne Rücksicht auf ihre Gesinnung buchstäblich zusammenfing und nachdem unterdessen von Berlin die Aussiedlung nach Serbien und Kroatien eingestellt worden war, ins Altreich umsiedelte. Die ganze bodenständige bäuerliche Bevölkerung, ungefähr 40.000 Seelen, hätte auf diese Art ins Reich abgehen sollen. Den Leuten wurde versprochen, dass sie im Altreich genau so viel Grund und Boden erhielten, wenn sie ihren hiesigen Besitz in Ordnung und ohne Widerstand übergeben würden. Die Bevölkerung musste aber wahrnehmen, dass ihr Besitz überhaupt nicht geschätzt und ihr Vermögen nicht aufgenommen wurde. Die Leute wurden ohne jeden Gutschein abtransportiert. In dieses nun so entstandene Niemandsland stürzte sich alles, um zu stehlen und zu rauben.[12] Verschlossene Häuser wurden aufgebrochen. Da nirgends eine Vermögensaufnahme stattgefunden hatte, gab es auch keine Kontrolle. Was daher nicht niet und nagelfest war, wurde gestohlen. Was nicht im Lande selbst verschwand, wurde von Kroaten und Slowenen, die über die Grenze kamen, mitgenommen. Ganze Viehherden wurden über die Grenze getrieben. Der Wein wurde, soweit man ihn nicht trank, ausgelassen. Die Vorräte an Kartoffeln und Rüben sind bei der kurz darauf eintretenden Kaltwelle erfroren. Als diese Art der Umsiedlung bekannt wurde, flüchteten viele Bewohner der noch umzusiedelnden Gebiete in die Wälder. Die Zahl der Flüchtlinge wird auf ungefähr 10.000 geschätzt.[13] Bald darauf kamen auch die Berichte von den ins Altreich Umgesiedelten, wonach sie keinen Grund und Boden erhielten, sondern zuerst in Lagern untergebracht und dann als Hilfsarbeiter in der Industrie eingesetzt wurden.[14] Wenn man die Abneigung eines echten Bauern gegen die Industriearbeit kennt, kann man es verstehen, dass viele die Flucht ergriffen haben.

Die ausgesiedelten Gebiete waren lange Zeit Niemandsland. Sie wurden später mit Gottscheern und Volksdeutschen aus Bessarabien und der Dobrudscha besiedelt.[15] Die Leute aus Bessarabien und der Dobrudscha sind zum Teil gar keine Deutschen, sondern nur irgendwie mit Deutschen verschwägert. Die Angst vor den Bolschewiken trieb sie aus dem Lande. Rassisch gesehen haben sie sehr viel fremden Einschlag und sprechen untereinander vielfach russisch oder rumänisch. Tatsache ist es, dass man Slowenen, die rassisch und kulturell gesehen ein Alpenvolk sind, durch eine ostische Mischung ersetzt hat. Nach Abzug der slowenischen Intelligenz wäre es ein Leichtes gewesen die bodenständige Bevölkerung in ein bis zwei Generationen zu germanisieren, allerdings nicht in zwei bis vier Jahren, wie das die Führung des Steirischen Heimatbundes glaubt.[16] Heute sitzen an der Südgrenze des Reiches zum Teil Elemente mit ostischer Mentalität, die dem deutschen Volke weitaus fremder sind, wenn sie auch deutsch sprechen.

Von der wirtschaftlichen Seite gesehen gingen unermessliche Werte verloren. Die Hackfrüchte wurden nicht mehr eingebracht. Die Trauben blieben am Stock. Was eingebracht war, wurde teilweise im Lande, teilweise ausser Land im Schleichhandel weiterverkauft und der allgemeinen Wirtschaft entzogen. Das einst dichtbesiedelte wirtschaftlich aktive Gebiet ist so zu einem Zuschussgebiet geworden. Dass diese Vorkommnisse die ganze untersteirische Bevölkerung aufwühlten, ist erklärlich. Trotz aller Versprechungen, dass die Aussiedlung beendet sei, wurde immer wieder von Neuem aus- und umgesiedelt. Die Leute warteten oft monatelang mit gepackten Koffern Nacht für Nacht auf die Organe, die sie fortschaffen sollten. Viele verloren die Nerven, flohen ausser Land, verübten Selbstmord, oder schlossen sich den Freischärlern an.

Schickte sich bis zum Abzug der deutschen Wehrmacht die grosse Masse der Bevölkerung an, im deutschen Reiche aufzugehen, so setzte nun allseitig eine stille Opposition ein. Da die Achtung vor deutscher Art und deutschem Wesen verloren ging und an kein Versprechen mehr geglaubt wurde, war jede Mahnung und Warnung, wie auch die schönste Propaganda zwecklos. Hatten sich früher die Panslawisten und Kommunisten in der Untersteiermark nie durchsetzen können, so bekamen sie jetzt diesen Vorkommnissen zufolge einen grossen Zuwachs. Die untersteirischen Slowenen werden so entweder zu offenen Feinden Deutschlands oder zumindest zu stillen Helfern der Freischärler gemacht.

Der deutsche Soldat ist überall freundlich empfangen worden, wurde mit Blumen beworfen und aufs beste bewirtet. Man ging der Wehrmacht an die Hand, wo man nur konnte. Im Laufe einiger Monate änderte sich das Bild vollkommen. Heute gibt es in der Untersteiermark Banden, die Ueberfälle verüben auf Einzelne und auf ganze Ortschaften, Bürgermeister, Gendarmerie und andere staatliche Organe erschiessen und in den Betrieben passive Resistenz üben. Die Leistung in der Industrie ist weit unter das jugoslawische Niveau gesunken. War es in der Geschichte niemals möglich, das slowenische Volk zu einer Revolution gegen wen immer aufzuputschen, so ist heute mehr oder weniger Revolution im Lande. Die Unsicherheit in verschiedenen Gebieten ist so gross, dass man nur bewaffnet in diese fahren kann. Hinterrücks werden Passanten und Autos beschossen. Tut die ganze Bevölkerung auch nicht aktiv mit, so leistet sie doch durch ihr passives Verhalten diesen Banden Vorschub.

Man muss abschliessend zum Urteil kommen, dass die Methoden, die bei den verschiedenen Aus- und Umsiedlungen angewandt wurden, die Arbeitsweise der Beamten, der Aufwand, der sich im Einsatz, besonders in Autofahren und Verbrauch staatlicher Güter äusserte, die Unfähigkeit und Skrupellosigkeit der Organe der Bevölkerung den Glauben an Deutschland nehmen. War der Glaube, die Achtung und das Vertrauen einmal verloren, so setzte auch schon eine revolutionäre Stimmung ein. Heute wäre es noch möglich, die Bevölkerung zu überzeugen, dass diese Übergriffe und Auswüchse nur auf das Konto unfähiger Leute vom Einsatz zu buchen sind und die Führung mit dieser Art zu wirtschaften nichts zu tun hat, vor allem der Nationalsozialismus mit all diesen Dingen nicht belastet werden darf. Die Auflehnung richtet sich auch in erster Linie gegen die Leute vom Einsatz. Die Revolutionären haben auch nur insoweit die Unterstützung der Bevölkerung als sie nicht gegen das wahre Deutschtum kämpfen.

Die Deutschen im Lande, die seit Generationen in der Führung waren, sich kraft ihrer Tüchtigkeit behauptet hatten und immer einen grossen Einfluss auf die Bevölkerung ausübten, wurden gleich anfangs vor den Kopf gestossen. ihre Ansicht und Meinung wurde überhaupt nicht gehört. Man setzte sich über sie hinweg. Die ganze Pionierarbeit der Deutschen und ihrer Freunde ist zunichte gemacht worden. Ihre Propaganda, derzufolge die untersteirischen Slowenen im Nationalsozialismus nicht mehr das Schreckgespenst, sondern die Erlösung sahen, erhielt einen argen Stoss. Ein Jahr Zivilverwaltung hat es vermocht, Volksdeutsche und Slowenen an ihrem Glauben an den Nationalsozialismus irre zu machen. Was früher mit Leichtigkeit hätte geschafft werden können, ist heute in Frage gestellt.

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PAM, Abschrift, (10 S.). Der Bericht wurde vom ehemaligen Gebietsführer des Schwäbischdeutschen Kulturbundes für die Draubannschaft (Dravska banovina) in Maribor Hans Baron und dem Industriellen Franz Tscheligi verfasst und am 1. Mai 1942 an die Parteikanzlei gesandt.
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Diese Feststellungen sind teilweise sehr übertrieben, um den Gegensatz zwischen dem Beginn der deutschen Okkupation und der Lage nach einem Jahr der deutschen Zivilverwaltung zu unterstreichen. Die Behauptung von Freude gilt wohl, im allgemeinen nur für den deutschgesinnten Teil der Bevölkerung. Siehe Dok. Nr. 10 - 12.
3
Siehe Dok. Nr. 16 u. 17.
4
In vielen Fällen wurden Mitglieder des Schwäbischdeutschen Kulturbundes zur politischen Beurteilung der Bevölkerung zugezogen. Siehe Dok. Nr. 26, 28, 38 u. 83.
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Siehe Dok. Nr. 13 u. 23.
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Siehe Dok. Nr. 24 u. 52.
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Gemeint sind vor allem jene Volksdeutschen in der Untersteiermark, die dem nationalsozialistisch orientierten Schwäbischdeutschen Kulturbund angehörten.
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In der Stabsbesprechung der Zivilverwaltung in der Untersteiermark am 1. Juni 1942 berichtete der Bundesführer des Steirischen Heimatbundes Franz Steindl: »Die politische Stimmung ist seit April 1941 unzweifelhaft abgesunken. Das geht darauf zurück, dass die Begeisterung an und für sich keine Dauererseheinung ist und dass die Leute vielfach eine übertriebene Idealvorstellung vom Bild des Reiches gehabt haben. Die durch den Krieg notwendig gewordenen Einschränkungen auf vielen Lebensgebieten haben naturgemäss auch dazu beigetragen. Im Allgemeinen ist der Stimmungsabfall aber darauf zurückzuführen, dass den Leuten ein neuer Lebensstil aufgezwungen wird, und die vielfach liebgewordenen Gewohnheiten und Unsitten aufgegeben werden müssen. Es lässt sich schwer die Stimmung zahlenmässig feststellen. Um aber einigermassen ein zahlenmässiges Bild zu entwerten, könnte vielleicht gesagt werden, dass von der untersteirischen Bevölkerung etwa ein Prozent bereit und entschlossen ist, durch Dick und Dünn bis ans Ende mit dem Reich zu gehen, vielleicht 9 % sind unbedingt zuverlässig, jedoch nicht entschlossen auch die äussersten Konsequenzen auf sich zu nehmen. Auf der Gegenseite dürfte das Verhältnis kaum anders sein. Es sind vielleicht auch nur 1 % bereit, mit dem Gegnern unter allen Umständen bis zu Ende mitzugehen, 9 % würden von der letzten Konsequenz zurückschrecken. Die dazwischenliegenden 80 % bilden die breite Masse, die zu gewinnen unsere Aufgabe ist. Es kommt nicht darauf an, ob jemand bereit ist, die Rückvolkung mitzumachen, denn er kann sich ja diesem Prozess nicht entziehen. Im Allgemeinen kann auch nicht gesagt werden, dass die untersteirische Bevölkerung aktiv und aus eigenen Antrieb die Banden unterstützt, es ist nur auf Terrormassnahmen zurückzuführen, wenn sich Einzelne dem Bandeneinfluss nicht entziehen können. In den letzten Monaten war die Arbeit des Heimatbundes in dieser Richtung ausgesprochen defensiv. Im Zusammenhang mit den Erfolgen im Osten ist eine Erleichterung der politischen Spannung zu erkennen.« (AMNOM, DDV Untersteiermark, Rechtsabteilung, Bd. 1.)
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Siehe Dok. Nr. 28, 29 u. 31.
10
Siehe Dok. Nr. 127.
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Siehe Dok. Nr. 157 u. 160.
12
Über die Lage, die im Winter 1941--1942 im Save-Sotla-Streifen herrschte, siehe den Bericht des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD in der Untersteiermark SS-Standartenführer Otto Lurker vom 17. 2. 1942 im AMNOM, DDV Untersteiermark, Stabsführer, Bd. 1. Siehe auch die Berichte des deutschen Gesandten in Zagreb Siegfried Kasche vom 7. u. 13. 1. 1942 im PA AA Bonn, Deutsche Gesandtschaft Zagreb, Pol 2, Nr. 3 -Umsiedlung von Serben-, und den Bericht des Stabsführers der Dienststelle des Beauftragten des RKFDV in der Untersteiermark vom 28. 1. 1942 im AMNOM, DDV Untersteiermark, Stabsführer, Bd. 1.
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Die Zahl der Flüchtlinge ist wohl übertrieben. Viele Leute flüchteten in das Gebiet unter der italienischen Okkupation (Laibacher Provinz), wo am 31. 1. 1942 nach Angaben der italienischen Behörden 17.734 Flüchtlinge aus dem deutschen Okkupationsgebiet wohnten. Annähernd ähnliche Zahlen wurden auch von einigen deutschen Dienststellen angegeben.
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Siehe Dok. Nr. 163.
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Siehe Dok. Nr. 272, 301, 304 u. 307.
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Siehe Dok. Nr. 110.

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