karawankengrenze.at

 

Dokument 201  >

Bericht des Auswärtigen Amtes über die Aussiedlung der Slowenen nach Kroatien und Serbien[1]

1
PA AA Bonn, Inland II g, Nr. 286 - Fremde Volksgruppen, E 415242-4, (3 S.).
2
Siehe Dok. Nr. 48.
3
Siehe Dok. Nr.57 u. 64.
4
Siehe Dok. Nr. 80 u. 81.
5
Siehe Dok. Nr. 129 u. 133.
6
Siehe Dok. Nr. 157 u. 160.
7
Siehe Dok. Nr. 179.
8
Über die Frage der Beschäftigung der ausgesiedelten Slowenen in Kroatien und Bosnien siehe die Dokumentation in den Archivfonden: der Deutschen Gesandtschaft in Zagreb im PA AA Bonn, des Državno ravnateljstvo za ponovu NDH im Historijski arhiv grada Zagreba und des Odbor za slovenske useljenike Zagreb im AIZDG.
9
Gesandter Dr. Martin Luther, Leiter der Abteilung Deutschland im Auswärtigen Amte in Berlin.

Ref. L.: GAL Triska
zu D VIII 46/42 g

Ref.: WHA v. Geyr

Bericht

über die Umsiedlung der Slowenen nach Kroatien und Serbien

Durch den Vertreter des Auswärtigen Amts beim Militärbefehlshaber in Serbien erhielt das Auswärtige Amt die Mitteilung, dass am 6. Mai 1941 bei Gauleiter Uiberreither eine von SS-Gruppenführer Heydrich angesetzte Besprechung über die Aussiedlung der Slowenen in der Untersteiermark nach Serbien stattfinden solle. Das Auswärtige Amt machte gegen die sofortige Umsiedlung Bedenken geltend. Auf der Sitzung selbst wurde, insbesondere wegen der damit verbundenen Transportschwierigkeiten eine sofortige Umsiedlung nicht beschlossen, sondern der Termin hierfür auf etwa Anfang Juli festgelegt. Hierdurch waren die Bedenken des Auswärtigen Amts hinfällig geworden, der Herr Reichsaussenminister stimmte der Aussiedlung der Slowenen zu.[2] Etwa gleichzeitig trat die Kroatische Regierung an die Reichsregierung mit dem Wunsch heran, die aus der Untersteiermark auszusiedelnden Slowenen aufzunehmen falls sie die gleiche Anzahl Serben nach Serbien abgeben könne.[3] Nachdem der Führer diesem Plan zugestimmt hatte, fand am 4. Juni 1941 in Agram die

1. Umsiedlungsbesprechung statt, und es wurde beschlossen, 5000 politisch belastete und intellektuelle Slowenen nach Serbien und die Masse der übrigen Auszusiedelnden (insgesamt etwa 160.000) nach Kroatien umzusiedeln.[4] Auf Wunsch des Gesandten Kasche erklärte sich Gauleiter Uiberreither bereit, die Kroaten von der Umsiedlung auszunehmen. Durch die Ende August durchgeführte Umsiedlung der Slowenen nach Kroatien und der »kroatischen« Serben nach Serbien ergaben sich in Kroatien erhebliche interne Schwierigkeiten, aufgrund derer Gesandter Kasche sich gegen eine Weiterführung der Umsiedlung aussprach. Bei einer aus diesem Grunde erneut festgesetzten Umsiedlungsbesprechung wurde beschlossen, 45.000 Slowenen aus der Untersteiermark und 20.000 Slowenen aus Kärnten nach Kroatien umzusiedeln. Insbesondere die Umsiedlung der 45.000 Slowenen aus der Untersteiermark war besonders dringlich, da die Untersteiermark im Herbst 1941 die Volksdeutschen aus der Gottschee und aus Laibach einzusiedeln hatte. Die Kroatische Regierung bat, von dieser Umsiedlung abzusehen, da die innere Sicherheit durch erneute Aufnahme von Umsiedlern und Abschiebung von Serben, deren Übernahme der Militärbefehlshaber in Serbien verweigerte, nicht mehr garantiert werden könnte.[5] Aufgrund einer Entscheidung des Reichsführers-SS wurde der wegen der Gottschee-Umsiedlung noch aus der Untersteiermark auszusiedelnde Teil der Slowenen nicht nach Kroatien, sondern innerhalb nach Deutschland umgesiedelt.[6]

Nach Ansicht des deutschen Reichsvertreters[7] in Agram hat die Slowenenumsiedlung für Kroatien verschiedene nachteilige Folgen gehabt:

  1. Schlechte wirtschaftliche Lage der Umsiedler in Kroatien.
  2. Die durch die Umsiedlung reichsfeindlich eingestellten Slowenen bilden in Kroatien eine Irredenta, die nicht nur von sich aus direkt gegen das Reich wirkt, sondern auch auf die an sich sehr deutschfreundlichen Kroaten in dieser Richtung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss ausübt.
  3. Die Slowenen bilden in Serbien und in Kroatien den Kern neuer jugoslawischer und panslawistischer Ideenströmungen.
  4. Im Gegensatz hierzu hat Italien durch seine Massnahmen das völkische Zusammengehörigkeitsgefühl der Slowenen gestärkt und festigt es ständig weiterhin, was sich für Italien in der Richtung einer starken Beeinflussung des Südostens ausgewirkt hat (slowenische Universität in Laibach unter italienischem Schutz).
  5. Erschwerend kommt hinzu, dass ein grosser Teil der ausgesiedelten Slowenen sowohl von Kroatien wie von Serbien aus durch Vertreter des Reichsarbeitsministeriums als Arbeiter ins Altreich gebracht wurden, wodurch bei den Slowenen in Kroatien und Serbien der Eindruck entstand, dass Deutschland die Slowenen nur enteignen wollte, um sie dann als Arbeitssklaven zu verwerten.
  6. Es ist der Kroatischen Regierung noch nicht gelungen, die umgesiedelten Slowenen entsprechend ihrer Tätigkeiten einzusetzen. Lediglich Bauarbeiter konnten bisher in ihrem Beruf beschäftigt werden. Kroatien verlor ausserdem in Bosnien und Syrmien einen grossen Teil der guten serbischen Bauern, denen die dafür eingesiedelten slowenischen Bauern zunächst noch nicht gleichwertig sind, umsomehr als die besondere Lage der bosnischen Gebiete Kenntnisse und Methoden erfordert, die den Slowenen aus der Untersteiermark völlig fremd sind.[8]

Sich jeder Kritik enthaltend ist das Auswärtige Amt zur Feststellung gekommen, dass durch die Umsiedlung mit ihren Begleiterscheinungen der Aufstandsbewegung in Kroatien und Serbien neue Impulse zugeführt wurden.

Das Auswärtige Amt bittet, die vorstehenden Ausführungen lediglich als Bericht über die gesammelten Erfahrungen zu betrachten, welche zusammengetragen wurden, um etwa bei einer später erfolgenden neuen Umsiedlung verwertet werden zu können.

Luther[9]
(Luther)

1
PA AA Bonn, Inland II g, Nr. 286 - Fremde Volksgruppen, E 415242-4, (3 S.).
2
Siehe Dok. Nr. 48.
3
Siehe Dok. Nr.57 u. 64.
4
Siehe Dok. Nr. 80 u. 81.
5
Siehe Dok. Nr. 129 u. 133.
6
Siehe Dok. Nr. 157 u. 160.
7
Siehe Dok. Nr. 179.
8
Über die Frage der Beschäftigung der ausgesiedelten Slowenen in Kroatien und Bosnien siehe die Dokumentation in den Archivfonden: der Deutschen Gesandtschaft in Zagreb im PA AA Bonn, des Državno ravnateljstvo za ponovu NDH im Historijski arhiv grada Zagreba und des Odbor za slovenske useljenike Zagreb im AIZDG.
9
Gesandter Dr. Martin Luther, Leiter der Abteilung Deutschland im Auswärtigen Amte in Berlin.

Valid XHTML 1.0 Transitional