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Tätigkeitsbericht der Dienststelle des Beauftragten des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums in der Untersteiermark[1]

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Marburger Zeitung 10./11.4. 1943.

Zwei Jahre später

Die Festigung deutschen Volkstums in der Aufbauarbeit
Von Erwin Seftschnig, Leiter der Dienststelle des Reichskommissars
für die Festigung deutschen Volkstums

Wenige Tage nachdem deutsche Truppen unter dem Jubel der Bevölkerung die Untersteiermark befreit hatten, folgte am 14. April 1941 der Chef der Zivilverwaltung. Gleichzeitig berief der Reichsführer-SS als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums den Gauleiter und Reichsstatthalter Dr. Uiberreither zu seinem Beauftragten. In Marburg wurde die Dienststelle errichtet und die Arbeit mit einem kleinen Stab von Mitarbeitern sofort aufgenommen.

Es verlohnt sich, nach zweijähriger Tätigkeit aufzuzeigen, welcher Art die gestellte Aufgabe war. Erfahrungen konnten nicht vorliegen, Beispiele und Anleitungen gab es nicht, da das Arbeitsgebiet, das mit den Worten »Festigung deutschen Volkstums« bezeichnet wird, in keiner Weise vergleichbar ist mit der Schutzarbeit in bedrohten deutschen Grenzgebieten früherer Jahrzehnte. Neu sind die Gedankengänge, die Planung, Durchführung und Zielsetzung.

So teilte sich auch in der Untersteiermark die zu leistende Arbeit auf verschiedene oft untereinander in keinem Zusammenhang stehende Gebiete. Durch staatspolizeiliche Sicherungsmassnahmen waren eine grosse Zahl von Liegenschaften, Besitzungen mit lebendem und totem Inventar und Werte aller Art freigeworden, deren Erfassung, Sicherstellung und weitere Verwaltung die vordringlichste Aufgabe darstellte. Sie verlangten eine Festlegung der Arbeitsbereiche, die durch Teilung in a) Land- und Forstwirtschaftlicher Sektor, b) Gewerbliche Wirtschaft, c) Städtischer Haus- und Grundbesitz ihre erste Regelung fand.

Als gesetzliche Grundlage für alle diese Arbeiten diente die 3. Verordnung über die Festigung deutschen Volkstums vom 22. Mai 1941, die die vorläufigen Regelungen vom 22. April und 2. Mai 1941 ersetzte und entsprechende Sonderbestimmungen traf. Dadurch entstanden eine Unzahl rechtlicher Fragen (laufende Verträge, Hypotheken, Forderungen usw.) zu deren Klärung und Bearbeitung die Schaffung einer zentralen Rechtsstelle notwendig wurde.

Zwischenstaatliche Verhandlungen mit Italien, Kroatien und Ungarn, soweit sie in den Rahmen der Arbeit der Dienststelle fielen, wurden in der Folge ebenfalls durch die zentrale Rechtsstelle mitbearbeitet.

Vor allem wurde das Römerabkommen vom 10. Dezember 1941 unter Beiziehung der Rechtsstelle abgeschlossen, da es die vermögensrechtlichen Fragen von Slowenen zu klären hatte, die im neuen italienischen Staatsgebiet ihren Wohnsitz und im Gebiet der Untersteiermark liegende Besitzungen hatten.

Machten die bisher aufgezeigten Aufgaben den Aufbau eines umfassenden Apparates notwendig, so steigerten sich die Ansprüche an Arbeitskräften und Einsatz durch die Freimachung des Gebietes Sawe - Gurk - Sattelbach im Spätsommer 1941 noch um ein Beträchtliches. Die Freimachung des Raumes durch die Absiedlung der Bevölkerung verlangte als erste Massnahme den Ausbau einer Zwischenbewirtschaftung für die freigewordenen bäuerlichen Liegenschaften, die der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft (DAG) übertragen wurde. Damit erschien für das erste die Betreuung der freigemachten Bauernhöfe samt ihrem lebenden Inventar und in der Folge Anbau und Ernte im Siedlungsraum gesichert.

Gleichzeitig und Zug um Zug mit der Absiedlung begann die Rückführung der Volksdeutschen aus der Gottschee, die damit geschlossen dem Ruf des Führers zur Rückkehr in die Heimat ihrer Ahnen Folge leisteten und kleiner Volksdeutschen-Gruppen aus Bessarabien, Südbuchenland, Dobrudscha und Südtirol. Ab 15. November 1941 kam Tag um Tag ein Siedlerzug aus der Gottschee auf den Bahnhöfen des Siedlungsraumes in Rann und Gurkfeld an. Nach drei Monaten konnte die Rückholung der ganzen Volksgruppe trotz aller auftretenden Schwierigkeiten und schlechter Witterungsverhältnisse abgeschlossen werden. 12 000 Volksdeutsche waren damit in den Siedlungsraum rückgeführt und vorübergehend in provisorische Winterquartiere gelegt worden. Zum gleichen Zeitpunkt wurde die Neuplanung und Neuordnung des gesamten Siedlungsraumes begonnen. In Sitzungen des Ansiedlungsstabes unter Vorsitz des Gauleiters und Reichsstatthalters Dr. Uiberreither wurden die Richtlinien gegeben und die Planungsergebnisse vorgetragen und genehmigt.

Die Gesamtplanung des Siedlungsraumes mit seinen rund 74 000 ha Fläche und seiner grossen Zahl an lebensunfähigen Keuschlerbetrieben war nach den von Reichsführer-SS festgelegten Grundsätzen durchzuführen und durch Zusammenlegung lebensfähige Höfe zu schaffen, deren Grundlage

der Hoftyp I mit 30 - 70 ha landwirtschaftlicher Fläche,
der Hoftyp II mit 10 - 20 ha landwirtschaftlicher Fläche,
der Hoftyp III mit 7 - 10 ha landwirtschaftlicher Fläche

bildete. Entsprechend den Grössen dieser Höfe wurden ihnen Weingärten und Wald ausser der landwirtschaftlichen Fläche noch zugeteilt.

Damit stand das Jahr 1942 im Zeichen der Neuplanung, die bis Ende des Jahres 1942 abgeschlossen war und 1275 Höfe der oben angeführten Hoftypen ergab. Dazu kommen noch die Kleinsiedlerstellen, die Landarbeiterstellen und die Betriebe gewerblicher Art. Gleichzeitig setzte die Herausnahme der Siedler aus den provisorischen Winterquartieren und ihre Einweisung auf fertig geplante Höfe ein. Diese Arbeit wurde in vorbildlicher Gemeinschaftsarbeit vom Bodenamt der Dienststelle mit der Agrarbezirksbehörde, den Ansiedlungsstäben der Dienststellen in Rann, Gurkfeld, Ratschach und Königsberg durchgeführt.

Die Schwierigkeiten, die dieser umfassenden Neugestaltung des Landes und dem Ansatz der Siedler entgegenstanden, sind zu bekannt, als dass sie im einzelnen nochmals anzuführen wären. Es muss aber bei einem Rückblick auf die Arbeit zweier Jahre auf die verantwortungsbewusste Tätigkeit der Vermessungstechniker hingewiesen werden, die in den Monaten des schweren Winters 1941/42 und unter den Witterungsunbilden des Frühjahres 1942 ein Übermass an Vermessungsarheit geleistet haben. Nicht weniger schwer und aufopferungsvoll war die Arbeit der vielen Siedlungshelfer und die Tätigkeit der Siedlerbetreuerinnen, denen die Fürsorge für Mutter und Kind im Siedlungsraum oblag. Das Ergebnis der Arbeit aller im Siedlungsgebiet angesetzten Kräfte war nach zweijähriger Tätigkeit, dass der Siedlungsraum und seine Menschen dem Steirischen Heimatbund zur politischen Betreuung und Führung reibungslos übergeben werden konnte.

Noch sind in der Siedlungsarbeit nicht alle Fragen vollständig gelöst, noch bleibt reichlich Arbeit übrig, aber doch nur, um in der nächsten Zeit mit aller Einsatzfreudigkeit bewältigt zu werden. Fast scheint es, als ob durch die Siedlungsaufgaben die restlichen Arbeitsgebiete der Dienststelle in den Hintergrund gerückt wären. Das war und konnte aber nicht der Fall sein, weil sie in ihrer Zusammensetzung ebenso dringlich waren, wie die Siedlung selbst. Auf den Gebieten von Land- und Forstwirtschaft ausserhalb des Siedlungsraumes wurde die Zwischenbewirtschaftung auf einer Nutzfläche von 78 000 ha ausgebaut und durch den Ansatz von 30 Oberverwaltungen gesichert. Die ganzen Arbeiten auf diesem Gebiet wurden in engstem Einvernehmen mit der Landesbauernschaft bzw. mit den Kreis- und Ortsbauernführern durchgeführt. Es darf auch auf diesem Sektor der Arbeit gesagt werden, dass die Ergebnisse oft über Erwartungen günstig waren.

Die Wirtschaft selbst hatte ihrerseits das freigewordene gewerbliche Vermögen und den städtischen Haus- und Grundbesitz im Unterland zu erfassen und zu verwalten. Mit dem Stichtag vom 28. Februar 1943 befanden sieh noch 433 gewerbliche Betriebe aller Art in Verwaltung der Dienststelle. Die in den zwei Jahren ausgeschiedenen Betriebe wurden teils im Wege der Berufsbereinigung stillgelegt, bei einer Anzahl die seinerzeitige Beschlagnahme aufgehoben und ein geringer Teil an Umsiedler und verdiente Volksdeutsche des Unterlandes eingewiesen bzw. verkauft.

Im Zuge der Verwertung wurden Häuser und Liegenschaften in gaueigene Verwaltung übergeben oder dem Steirischen Heimatbund, den Landkreisen, Stadtverwaltungen und Gemeinden zugesprochen, die dadurch in zahlreichen Fällen, besonders auf dem Land, die Möglichkeit zur Schaffung von Kindergärten, Gemeinschaftsräumen Erholungsheimen und Amtssitzen fanden. Die weitere und endgültige Verwertung des ganzen noch in Verwaltung befindlichen Vermögens wurde für den Bereich der Landwirtschaft durch den Reichsführer-SS mit der Allgemeinen Anordnung Nr. 14/IV vom 10. August 1942 für den Erwerb von gewerblichen Unternehmen oder städtischem Grundbesitz durch die Allgemeine Anordnung Nr. 16/III dahingehend geregelt, dass bei Sesshaftmachung im Bereich der Landwirtschaft Kriegsversehrte, Kriegdienstbeschädigte des Weltkrieges, Kämpfer für die nationale Erhebung, sowie deren Hinterbliebenen bevorzugt heranzuziehen sind, während bei Neueinrichtung von gewerblichen Unternehmen oder Erwerb städtischen Grundbesitzes ein Ansiedlungsschein beim Reichsführer-SS als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums beantragt bzw. ausgestellt werden muss.

Aus diesen kurzen Ausführungen ergeben sich Umfang und Vielfalt der zu bewältigenden Arbeitsgebiete, die nach mancherlei tastenden Versuchen zu Beginn, heute als wohlgeordnet und in steter sicherer Entwicklung bezeichnet werden können.

1
Marburger Zeitung 10./11.4. 1943.

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