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Dokument 257  >

Schreiben der Dienststelle des Beauftragten des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains über die Verleihung der Staatsbürgerschaft[1]

1
Mf. aus NAW, T-81, R-279, Aufn. 2400526-8, (3 S.).
2
Siehe Dok. Nr. 259.
3
Ist nicht vorhanden. Siehe Dok. Nr. 254 u. 258.
4
Über die Erörterung der Frage der Staatsbürgerschaftsverleihung in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains im Herbst 1942 siehe auch Dok. Nr. 255, 259, 274 u. 278.

Abschrift /1

16. September 1942

Geheim;

An den
Kreisleiter der NSDAP
Pg. Dr. Hochsteiner
Radmannsdorf

Betrifft: Staatsbürgerschaftsverleihung an die Bevölkerung in Oberkrain.
Akt. Zch: Dr. F/1

Im Zuge der vom Gauleiter in die Wege geleiteten Befriedungspolitik in Oberkrain wurde die Frage der Verleihung der Staatsangehörigkeit aktuell. Der Gauleiter hat angeordnet, dass der Bevölkerung in Oberkrain weitgehendst die Mitgliedschaft zum KVB. und damit die Staatsangehörigkeit auf Widerruf verliehen werden soll.[2]

Von der Aufgabenstellung des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volksstums her betrachtet, stellt sich das Problem wie folgt dar:

Die Verleihung der Staatsangehörigkeit auf Widerruf hat nur dann Sinn und Berechtigung, wenn von ihr jener weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung erfasst wird, der zufolge seiner rassischen Eigenschaften, seiner politischen, charakterlichen und sozialen Haltung, somit seiner biologischen Substanz nach, nicht nur einen erwünschten Bevölkerungsbestandteil des deutschen Volkes an sich, sondern einen erwünschten Bevölkerungsbestandteil für das Kärntner Grenzland darstellt. In Wegfall müssen daher alle jene kommen, die Eigenschaften der vorgenannten Art in sich verkörpern, die sie als untragbare Belastung für den vom Führer gestellten Eindeutschungsauftrag erscheinen lassen. Ich verweise hierbei auf meine Ausarbeitung vom 5. 9. 1942, die gelegentlich der Besprechung in Krainburg vom 12. 9. 42 die Billigung des Gauleiters gefunden hat.[3] Es ist notwendig, diese Bevölkerungsbestandteile von vornherein aus Überlegung für die Zukunft des Gebietes auszuschalten. Die Frage der Staatsangehörigkeitsverleihung im jetzigen Zeitpunkt[4] stellt daher folgende Alternative:

Es ist möglich:

  1. der gesamten Bevölkerung in Oberkrain die Staatsangehörigkeit ohne Rücksicht auf E-Fälle u. dgl. zu übertragen und im geigneten Zeitpunkt vom Rechte des Widerrufs Gebrauch zu machen, dadurch, dass in einem bestimmten Zeitpunkt auf den Widerruf, wie es die Staatsbürgerschaftsverordnung vorsieht, nur hinsichtlich jener verzichtet wird, die nach obigen Gesichtspunkten als Verbleibsfälle anzusprechen sind. Der Verzicht hinsichtlich der übrigen wäre nur dann auszusprechen, wenn sich diese für das hiesige Gebiet nicht geeigneten Elemente endgültig in einem ihnen zuzuweisenden Raum ausserhalb Kärntens niedergelassen haben.
  2. Die Mitgliedschaft zum KVB. und damit die Staatsangehörigkeit auf Widerruf wird von vornherein nur jenem weitaus überwiegenden Bevölkerungsteil verliehen, der für den Verbleib vorgesehen ist. Damit würden alle anderen Schutzangehörige bleiben, womit eine leichtere Dispositionsmöglichkeit sichergestellt wäre.

Mit Rücksicht auf drängende Probleme der aktiven Siedlungspolitik erscheint der zweite Weg der richtige, da im Falle des ersten ein längerer Zeitraum für den Ausspruch des Verzichtes vorgesehen werden müsste.

Nach den Weisungen des Gauleiters ist der Reichskommissar in die Einzelfälle eingeschaltet. Er ist damit vor die Aufgabe gestellt, sein Votum aus den durch die Planung zu erarbeitenden Unterlagen zu schöpfen. Ich muss grössten Wert darauf legen, dass der Stellungnahme der Dienststelle des Reichskommissars ausschlaggebende Bedeutung bei der endgültigen Entscheidung über die Aufnahme in den KVB. zugebilligt wird, dergestalt, dass in allen Fällen, wo der zuständige Hoheitsträger gegen die Stellungnahme des Reichskommissars zu entscheiden beabsichtigt, vorher persönliche Fühlungnahme hergestellt wird. Die Entscheidungen meiner Dienststelle fussen auf Überlegungen, deren Beweggründe nicht allgemein bekannt sind, und daher von den Hoheitsträgern unter Umständen nicht richtig beurteilt werden können. Ich bitte daher, dafür Vorsorge zu treffen, dass in den vermutlich wenigen Ausnahmefällen, wenn grundsätzliche Ansichten vorliegen, das Einvernehmen der Dienststelle hergestellt wird.

Eine logische Folgerung aus dieser Lage ist es, dass propagandistische Äusserungen über die Frage des Verbleibs der Oberkrainer Bevölkerung im Lande naturgemäss nur auf jene Bezug haben können, die die Staatsangehörigkeit auf Widerruf erworben haben. Zusicherungen dieser Art an Schutzangehörige würden jede vernünftige und auch vom Gauleiter durchaus gewünschte aktive Siedlungspolitik unterbinden.

Der Dienststellenleiter:
i. V.
gez. Dr. Friedl

F. d. R. d. A.
Kollitsch
(Kollitsch)

1
Mf. aus NAW, T-81, R-279, Aufn. 2400526-8, (3 S.).
2
Siehe Dok. Nr. 259.
3
Ist nicht vorhanden. Siehe Dok. Nr. 254 u. 258.
4
Über die Erörterung der Frage der Staatsbürgerschaftsverleihung in den besetzten Gebieten Kärntens und Krains im Herbst 1942 siehe auch Dok. Nr. 255, 259, 274 u. 278.

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